Es gibt kaum einen Begriff, der trotz häufigem Gebrauchs so unpräzise ist, wie der Begriff „Ziele“. Auf den ersten Blick und aus seinem Selbstverständnis, seiner vermeintlich selbsterklärenden Bedeutung liegt er in der Gegend der berühmten Zwölf, auf die man in der Schießbude auf der Kirmes zielt.
Doch dem ist nicht so, wenn man es genau betrachtet.
Ziele zu haben, gilt zwar auch heute noch als Tugend. „Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen“, so heißt es in Goethes Faust Teil II. Allerdings ist dieses Streben oft verballhornt worden und wer in seinem Zeugnis liest, er habe sich stets bemüht, heftet sich damit keine Brosche an die Brust. Das Bemühen mag zwar ehren, doch führt es meist nicht zum Ziel, jedenfalls nicht zu der berühmten Zwölf, wo der Jackpot klackert.
Ziele ziehen einen Schweif hinter sich her wie Kometenstaub. Ein wirres Allerlei aus Fleiß, Beharrlichkeit und anderen protestantisch-calvinistischen Verirrungen, verbunden mit Glaubenssätzen, deren Herkunft vermutlich aus dem Duft von Räucherstäbchen stammt.
Das Ziel an sich, jedenfalls, das es zu erreichen gilt, das vor einem liegt, trifft man nicht so wie mit dem Schießgewehr auf dem Rummelplatz. Das ist gesicherte Erfahrung.
Schon das Goethe‘sche Wort zu diesem Thema ist mangelhaft zitiert. Es fehlt der zweite Satz, der hinter dieser Weisheit steht. Er lautet: „Und hat an ihm die Liebe gar/Von oben teilgenommen, /Begegnet ihm die selige Schar/Mit herzlichem Willkommen.“ Ach so?
Dann hat der alte Geheimrat mehr gewusst, als seine Zeitgenossen verstanden haben. Der tugendhafte gerade Weg allein ist nicht die Lösung zur Erlösung …
Kurt Steffenhagen | ManagementRadio