Der Begriff der „Verantwortung“ hat Relevanz, ja manchmal auch Schwere und wenn dann noch in einem geistigen, gleichen Atemzug sich eine Prise von Schuld mit einmischt, was durchaus üblich ist, ist der unselige Cocktail perfekt.
Begriffe, eben solche, die Verhalten umschreiben oder bestimmen, ändern sich im Laufe der Zeit, sie relativieren sich wie zum Beispiel der Begriff des Rechts und Unrechts oder der Moral, der gesellschaftlich bestimmt ist und daher eigentlich eine Variable darstellt, die je nach Kultur und Jahrhundert eine andere Aussage trifft.
Soweit so gut. Allerdings haben sich manche Begriffe so eingebürgert, dass man sie wandlungsresistent nennen könnte. Sie existieren plakativ und sind eher vage und jeder meint, sie zu verstehen und hinterfragt sie nicht mehr. Papiertaschentücher beispielsweise nennt man heute ohne weiteres Hinschauen einfach „Tempotücher“, der Markenname des ersten Tüchleins zum Hineinschneuzen und die Urgroßmutter der Wegwerfprodukte mit einem Reichspatent anno 1929. Der Name bleibt, der Inhalt ändert sich. Greift man noch tiefer in die Kiste der Plakate, so findet man allenthalben Label, die nicht unbedingt mehr das beschreiben, was sie noch gestern oder vorgestern bezeichneten.
Es ist zwar ein heißes Eisen, soll hier aber als weiteres Beispiel nicht unerwähnt bleiben. Der Wandel des Inhalts des Plakats „Ehe“. Wie bei der Verantwortung, diesem aus der Bibel entlehnten calvinistischen Schwert, gibt es einen dramatischen Wandel im Inhalt. Wenn der Apostel Paulus noch in seinem Brief an die Kolosser in der Bibel schrieb: „Ihr Weiber, seid untertan euren Männern in dem HERRN, wie sich’s gebührt“, dann ist das heute wohl ziemlich schräg.
Der Begriff der Verantwortung oder besser die Erfindung dieses Begriffes reicht in die Anfänge unserer Geschichte und … er unterliegt dem Wandel… oder doch nicht?
Das, was den Begriff so fragwürdig macht, ist die Umsetzung, die Identifizierung des Verantwortlichen, der dann zur Rechenschaft gezogen wird…. jedenfalls dann, wenn etwas schiefgelaufen ist …
Zu Zeiten, als die Welt noch überschaubar war oder in einfachen Zusammenhängen, war es leicht, den Verantwortlichen zu finden.
Doch hat der Begriff der Verantwortlichkeit heute noch die Bedeutung, die er einmal hatte oder ist er leer geworden und um vorwegzugreifen, ist er eigentlich nicht mehr treffend, kann ausgesondert werden bis auf ein paar Ausnahmen wie zum Beispiel die Frage, wer den Ball in Nachbars Fenster gedonnert hat?
Unternehmenslenker, so sagt man gerne und ohne zu überlegen, tragen die Verantwortung für hunderttausende Mitarbeiter? Ja? Wirklich? …
Kurt Steffenhagen | ManagementRadio