In den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen war es Brauch, dass auf Bahnsteigen kleine Wagen herumgefahren wurden, an denen sich Reisende für einen geringen Obolus ein Kissen mieten konnten. Ein verpacktes kleines Kissen, das sie am Zielbahnhof wieder abgaben und das ihnen unterdessen – vor allem in der Holzklasse – ein behaglicheres Schläfchen ermöglichte. „Siesta-Kissen“ wurde diese zarte Reiseerleichterung charmanterweise genannt.
Siesta. Wenn das ganz große Glück mal wieder auf sich warten lässt, heißt es mit dem kleinen ganz besonders behutsam umzugehen. Und Siestas gehören zweifelsohne zu den beglückendsten Inseln im Alltag.
Eine Lobby hat in Europa der Mittagsschlaf jedoch kaum noch. In einem Landstrich wie dem hiesigen, wo bekanntlich vor Jahrhunderten Martin Luther relativ erfolgreich herumzumarodieren wusste, schon mal gar nicht. „Luther und Lust“ mögen alliterationsschwanger wirken, mehr dann aber auch nicht.
Dabei besteht heutzutage selten ein solches Einvernehmen zwischen Medizinern und Normalbevölkerung wie in der Haltung zum Nutzen einer Siesta. Sich Mittags ein wenig hinzulegen, scheint offensichtlich das Beste zu sein, was einem Menschen in der Tagesmitte so passieren kann: „Mittags nicht zu schlafen, heißt streng genommen, sich über unsere eigene Biologie hinwegzusetzen“, weiß zum Beispiel der Regensburger Schlafmediziner Professor Gören Hajak …
Ulrike Gastmann | ManagementRadio